Samstag, 18. Januar 2014

Mäzen

Ein Mensch, der laut Wikipedia:

...eine Institution, kommunale Einrichtung oder Person mit Geld oder geldwerten Mitteln bei der Umsetzung eines Vorhabens unterstützt, ohne eine direkte Gegenleistung zu verlangen. Die Bezeichnung Mäzen leitet sich von dem Etrusker und Römer Gaius Cilnius Maecenas her, der in augusteischer Zeit Dichter wie Vergil, Properz und Horaz förderte

so ein Mäzen ist zweifellos auch Reinhold Würth. Der Schraubenhändler aus Künzelsau wie man despektierlich sagen  könnte. Nein, man sollte die Leistung des Hohenlohers nicht herabwürdigen, der aus bescheidensten Anfängen, mit 19 Jahren den Schraubenhandel seines Vaters weiterführte und zu dem Imperium, das heute Milliardenumsätze erwirtschaftet,  aufbaute. Respekt.

Als Kunstsammler betätigt er sich schon seit vielen Jahren, hat mittlerweile auch eine beachtliche Kunstsammlung, man spricht von der größten deutschen Privatsammlung von Kunst des 20/21. Jahrhunderts mit über 15.000 Exemplaren, zusammengetragen. Diese zeigt er an verschiedenen Standorten. Angefangen beim Würth Hauptwerk in Künzelsau über die 10 Kunstdependancen in Westeuropa bis zur Johanniskirche in Schwäbisch-Hall oder der Kunsthalle in Schwäbisch-Hall.

Ja, Schwäbisch-Hall. Die Kunsthalle haben wir besucht. ‘Menagerie’ der Titel, ‘Tierschau aus der Sammlung Würth’, der Subtitel. Eröffnet 2001. Toller Bau, ein Platz, zwei kubische Gebäude auf einem Platz mit Blick auf die Stadt mit der mächtigen Kirche und der Comburg. Rechts das Forum Würth, links die Kunsthalle. Schmale Eingangstür, wenn man auf Teufelsgewalt was Negatives suchen sollte. Ach; genau - die Gattin darf den Rucksack nicht in die Ausstellung mitnehmen. Den Euro Pfand fürs Schließfach braucht sie nicht, man ist nicht mehr so kleinkariert ein Pfand zu verlangen.

Beim Gebäude war ich noch - Vorne am Eingang der Museum-Shop, eine Eintrittskasse braucht es nicht, das ganze kostet   k e i n e n   Eintritt. Mein innerer Schwabe macht Luftsprünge. Hinterm Shop eine kleine Cafeteria. Ansprechend. Durch die Tür, man scheint das Gebäude wieder zu verlassen, läuft eine steile Treppe hinunter, entlang einer scheinbaren Außenwand. Geschützt durch eine Verglasung. Imponierend. Auf halber Treppenstrecke geht es in die Ausstellung, vis-à-vis führt eine andere Treppe wieder nach oben, zum Forum. Wirklich toll. Dass trotzdem ein Barrierefreier Zugang durch Aufzüge gewährleistet ist ist doch klar - oder ?

Die Ausstellung. Menagerie. Die Menagerie, aus dem Französischen, eine Form der Tierhaltung früher oft in Herrscherhäusern als Demonstration von Macht und Reichtum, somit oft höfische Tierhaltung. Genug Klugschiss für heute.

Die Ausstellung nochmal, eine Menagerie, nicht nur von Tieren, sondern auch von Kunstwerken, Epochen, Künstlern, Formaten und Interpretationen. Das Tier in verschiedensten Formen und Darstellungen. Von abstrakt bis photorealistisch, gemalt und modelliert.

Und über Kunst und Geschmack lässt sich streiten. Klar. Wobei einige Stücke, dabei waren die mir ausgesprochen gut gefallen haben. Picasso ein kubistisches Bild, oder aber ein Stockwerk tiefer die Skizze der blauen Taube. Geschätzt 6x den Stift aufs Papier gesetzt und soviel Bild heraus bekommen. Beckmann am Stiel erkannt. Gewundert, dass Grass auch gezeichnet hat. Lucas Cranach der Ältere mit einer nackten Mustermann Familie (Eltern mit 2 Kindern)  und Hund anno 15?? als vielleicht eines der ältesten Exponate bis Künstler deren Geburtsjahr in den 1980ern liegt. 

Ein Karnickelköttelkarnickel ist genau dieses, was der Titel aussagt, eine Skulptur eines Hasen, der durch Pressen von Kaninchenscheiße in eine Form entstanden ist. Ein großformatiges Foto das von Zügel mit einer lebenden Modellkuh zeigt. Ein übergroßer Tigerkopf, ca 2x2 mtr. Kohlezeichnung hängt an der Wand.

Hängebauchschwein - auch HAP, Grieshaber habe ich von selbst erkannt, ich kleiner Angeber. Und auch Friedensreich H. am Stil erkannt. Ja, Herr Hundertwasser malt wie er baut.

Ein weiteres großes Bild an der Wand. Apokalyptisch. Den Künstler und den Titel hab ich mir nicht gemerkt. Ein verrotteter Stahlträger, gleich einem abgestorbenen Baum ragt aus einer vergifteten Brühe. In den Ästen ein Waschbär und im Gegensatz zu dem recht, rötlich düster gehaltenen Bild eine helle, naturalistische Möwe daneben. Mich spricht das Bild an.  Die verbitterte, Kunst studierte, freudlose, geschiedene, mit erweitertem Bildungsauftrag an ihre ca. 10 jährige Tochter, alleinerziehende, 40-45 Jährige wird von diesem Bild nicht angesprochen, angewidert hetzt sie ihre Tochter mit ‘das ist nicht schön, komm Emma wir schauen da hinten’ weiter.

Um dort vor Tomi Ungerers Frosch Kamasutra erst über die witzige Frosch Zeichnung mit ihrer Tochter zu lachen um dann aber auf Emmas Nachfrage verstockt und verklemmt “Kamasutra ? - das ist ne äh...äh....Liebesstellung” - “was ist Liebesstellung ?” - zu erklären - ich lache in mich rein.

Ja, Tomi Ungerer der Elsässer, hat nicht nur Kinderbücher geschrieben und illustriert, sondern auch ‘Erwachsenenbücher und Bilder’. Wir sehen noch mehrere seiner Werke, für uns nicht schlimm.

Lästiger ist auch hier das häufige auftreten von Baselitz Werken. Ich mag den einfach nicht, der hat mir zu viel Message, der ist ein wenig der U2 Bono der Malerei, macht sich einfach zu viel Gedanken um den Schaffensprozess weiß einfach zu viel und dann noch ...oh was für ein Rebell nach 2 Semestern von der DDR Kunsthochschule geflogen... und die Bilder auf dem Kopf gemalt um noch intensiver die Auseinandersetzung......bla...bla...bla.

Schön die Präsentation großformatiger Werke, der Blick durch eine Tür in einen neuen Raum, über einen Gang und der Blick trifft sicher eines dieser größeren Werke. Klasse.

Sylvias Favorit ist ein großes Bild. Dunkelgrundig, ein Anthrazit dunkler grauer Hintergrund oder Himmel, davor ein abstrakter Möwenschwarm. Mir gefällt es auch. Ich kann mich nicht entscheiden zwischen dem Bild eines Zoo Eisbärs im Wasser vor der Scheibe seines Geheges, darin auch ein paar Menschen. Surreal. Und dynamisch, dynamisch der Bär, dynamisch aber auch die scheinbar verzweifelten, ertrinkenden ?, Menschen.

Auch viel Zeit habe ich vor einer Skulptur verbracht. Ein Eselchen, der Oberkörper des Eselchens, geführt von einer Art Mönch, auch nur der Oberkörper des Mönchs. Es scheint, dass das komplette Ensemble aus einem Stück und Stein geschlagen ist. Interessant vor allem wie der Künstler mit der Oberfläche des Materials arbeitet. Poliert der Kopf des Menschen, seine Kutte durchwegs fein angeraut. Gibt der Kutte eine feine hellgraue Struktur. Der Esel fein detailliert ausgearbeitet, mit einer groberen Struktur, mit tiefen Kerben um das Fell darzustellen, die Stirn des Tiers auch poliert. Toll.

Zufrieden wollen wir uns auf den Heimweg machen. Wobei. Die Ausstellung hat mir gut gefallen und einem geschenkten Barsch schaut man nicht in den... Maul. Aber. Zu manchen Bildern hätte ich mir noch gerne einen erklärenden Text am Bild gewünscht. Und natürlich diese Baselitz Überdosis. Sonst ist das Ganze höchst empfehlenswert, schön das kostenlos und auf jeden Fall eine Reise oder wenigstens einen größeren Umweg Wert. Bilder soll man dort nicht machen, die die ich gemacht habe mach ich nicht öffentlich, am besten verschafft ihr euch vor Ort selbst einen Eindruck.

Link zur Homepage der Kunsthalle Würth

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